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1. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 23

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 79. Die Fürsten und der Adel. 23 bringen. — Daß aber gerade die selbständige Stellung der Fürsten wiederum von heilsamen Folgen begleitet war und eine Voraussetzung zur Wiedererweckung des nationalen Sinnes wurde, das werden wir in der nächsten Periode sehen. B. Kulturgeschichtliches aus dem Zeitalter der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges. § 79. Die Fürsten und der Adel. 1. Viele Fürsten wurden im 16. Jahrhundert von der resormatorischen Bewegung mächtig ergriffen (Sachsen, Hessen, Württemberg, Brandenburg ac.). Angeregt durch den Zug der Zeit, befaßten sie sich dann eingehend mit religiösen Fragen und eigneten sich zuweileu eine so umfassende kirchliche Gelehrsamkeit an, wie solche sonst nur bei den Theologen anzutreffen war. Der in ganz Deutschland entbrannte Geisteskampf gab vielfach dem Sinn eine ernste Richtung und veranlaßte gar manche Landesherren, sich mehr und angelegentlicher, als bisher, um Wohl und Wehe der Untertanen zu kümmern. Die meisten zur Reformation übergetretenen Fürsten, aber auch katholische, sorgten für Verbesserung des Gottesdienstes, für gründlichere Unterweisung der Jugend, für Vermehrung der Schulen und erwarben sich somit Verdienste um die Bildung und Gesittung des Volkes. Es gab freilich auch solche, welche sich durch die religiöse Bewegung in ihrem heiteren Lebensgenuß nicht stören ließen und die in gewissenloser Weise die aus der Einziehung geistlicher Güter erhaltenen Summen zur Füllung der eigenen Kassen und zur Deckung der Ausgaben benützten, welche ihnen ans der Veranstaltung prunkvoller Feste und üppiger Schmausereien erwuchsen. — Allmählich wurde es üblich, Bücher- und Kunstsammlungen anzulegen (Rudolf Ii.). Verschiedene Fürsten kauften Gemälde Albrecht Dürers, Holzschnitte, Kupferstiche, alte Münzen, Waffen, Arbeiten der Goldschmiede von Nürnberg (Herzog Albrecht V. von Bayern legte den Grund zu einer Gemäldegalerie, begründete die Münchener Staatsbibliothek und errichtete ein Gymnasium). — Das Familienleben war in den besseren fürstlichen Häusern ein inniges und verlies nach deutscher Art in einfacher Weise. Die Fürstin war noch in Wahrheit die Hausfrau ihres Hofes, beaufsichtigte die Küche und erschien manch- Die Fürsten im Reformationszeitalter.

2. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. IV

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
Iv Vorwort. Das Buch enthält die deutsche Geschichte vom Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Kaiser Wilhelms I., die bayerische Geschichte bis zur Gegenwart. Eine ziemlich eingehende Berücksichtigung fanden die durch ihre Folgen für die Gestaltung der gegenwärtigen Verhältnisse bedeutsamen Zeiten und Ereignisse, so das Zeitalter Friedrichs d. Gr., die durch Napoleon herbeigeführten staatlichen Veränderungen, die Vorbereitung zur Erhebung von 1813, die Befreiungskriege, dann die ganze Zeit von 1815 bis 1871 und in dieser wiederum die drei Kriege, welche zur Wiederherstellung der deutschen Einheit geführt haben. Bei der Bearbeitung der bayerischen Geschichte bestimmten mich verschiedene Überlegungen dazu, dieselbe ganz von der deutschen Geschichte zu trennen und in zusammenhängender Darstellung zu bringen. Gründe: 1. eine innige Verbindung beider würde die Auffassung des Zusammenhanges in dem Werdegang des deutschen Volkes erschwert haben; 2. die bruchstückweise Darbietung der bayerischen Geschichte, d. H. deren Eingliederung in die einzelnen Perioden der deutschen Geschichte, hätte zur Folge gehabt, daß Zusammengehöriges in der Entwicklung Bayerns auseinandergerissen worden wäre, so z. B. die Geschichte Maximilians I. Joseph. Möge auch dieses Buch freundlich aufgenommen werden und sich für den Unterricht brauchbar erweisen! Rothenburg o/Tbr., Ostern 1902. Heinrich Grieöet.

3. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 258

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
258 Xi. Bayerische Geschichte. eria^einer sset‘ 7. Die bisher angeführten Tatsachen beweisen, daß Bayerns 26. Mai i8i8. erster König als wahrer Landesvater eine außerordentlich umfassende Wirksamkeit ausübte, deren segensreiche Folgen in allen Kreisen zu verspüren waren. Die wichtigste seiner Regierungshandlungen aber blieb noch unerwähnt. Es war der aus freiem Entschlüsse hervorgegangene Erlaß einer Verfassung, womit er in Erfüllung einer Zusage der Wieuer Bundesakte und in weiser Berücksichtigung der Zeitumstände am 2 6. Mai 1818 sein Volk beglückte ('§ 129, 2). Der Grundgedanke der Verfassung ist die Mitwirkung des Volkes in Zachen der Gesetzgebung und Besteuerung. Dieselbe geschieht durch den Landtag, welcher tu zwei Körperschaften zerfällt, in die Kammer der Reichsräte und in die Kammer der Abgeordneten. Die Kammer der Reichsräte ist zusammengesetzt aus deu volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses, den Häuptern der ehemals reichsunmittelbaren Familien, den beiden Erzbischöfen und einemsuffraganbischof, dem Präsidenten des protestantischen Oberkonsistoriums und aus Männern, welche der König wegen hervorragender Verdienste um den Staat zu Reichs-raten ernennt. Die Kammer der Abgeordneten wurde bis zum Jahr 1848 von den Vertretern der einzelnen Stände: des Adels, der Geistlichkeit, der Städte, der Grundbesitzer 2c. gebildet (daher Ständeversammlung), besteht aber seitdem aus deu vom Volke durch freie (indirekte) Wahl bestimmten Abgeordneten. Bei der Eidesleistung auf die Verfaffung sprach der König die Worte: „Ich wiederhole in dieser feierlichen Versammlung, daß ich mein persönliches Glück und den Ruhm meines Thrones einzig in dem Gesamtwohle und der Liebe meiner Untertanen suche." Ergebnis der 8. In stürmisch erregter Zeit hatte Maximilian I. Joseph die Max' I. Joseph. Regierung seines erschütterten, in der Auslösung begriffenen Reiches übernommen. Durch eine 26 jährige, rastlose Tätigkeit war es ihm gelungen, dem weiteren Verfall Einhalt zu tun, zweckmäßige Reformen durchzuführen, Wohlstand, Bildung und Gesittung der Maximilian I. Joseph.

4. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 260

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
260 Xi. Bayerische Geschichte. In der mannigfachsten Weise kam diese deutsche Gesinnung zum Ausdruck. Einige Äußerungen derselben: Als Napoleon das Deutsche Reich zu gründe gerichtet hatte, die deutschen Stämme am meisten unter seiner Tyrannei seufzten und Deutschland also auf der tiefsten Stufe seiner Erniedrigung angelangt war, da faßte der patriotische Wittelsbacher den Gedanken, dem Ruhme des deutschen Volkes eine Halle der Unsterblichkeit zu errichten. Es reifte der Plan zur Walhalla bei Regensburg, iu welcher die Büsten derjenigen Deutschen aufgestellt werden sollten, die sich als Regenten, Staatsmänner, Feldherren, Gelehrte und Künstler durch Entfaltung ungewöhnlicher Die Walhalla bei Negensburg. Geistesgaben unsterbliche Verdienste erworben hatten. Bei der Grundsteinlegung des stolzen Baues sagte der König die Worte: „Mögen, so wie diese Steine sich zusammenfügen, alle Deutschen kräftig zusammenhalten!" Bald nach der Eröffnung der Walhalla (1842) tauchte in Ludwigs Seele der weitere Gedanke auf, der Erinnerung an die glorreiche Erhebung ganz Deutschlands gegen Napoleon ein Denkmal zu widmen. In Ausführung desselben erhob sich die Befreiungshalle bei Kelheim (eröffnet den 18. Oktober 1863), auf deren Mosaikboden sich die beherzigenswerte Inschrift befindet: „Möchten die Teutschen nie vergessen, was den Befreiungskampf notwendig machte und wodurch sie gesiegt!" Als weitere Äußerung der Liebe des Königs zum

5. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 265

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 147. Maximilian Ii. 1848-1864. 265 heit und strengem Rechtsgefühl an die Lösung derselben und erwarb sich in kurzer Zeit durch sein menschenfreundliches Wesen und durch sein unermüdliches, von der Liebe zum Volke getragenes Wirken die Zuneigung und Ergebenheit der Untertanen in seltenem Grade. Schon Ende März 1848 erklärte er in der Thronrede, womit er den Landtag eröffnete, er fei stolz darauf, sich einen konstitutionellen König zu nennen, er werbe gewissenhaft die von seinem Vater in der Proklamation vom 6. März gemachten Zusagen erfüllen, sein Wahlsprnch sei „Freiheit und Gesetzmäßigkeit", und im Juni barauf Erlaß freihe^ sanktionierte er eine Reihe von Gesetzen, durch welche er die im bäuerlichen Interesse gelegene Ablösung der Gruublasteu (Umwandlung der Zehnten in ablösbare Bobenzinse) bewilligte, die stanbes-nnb gutsherrliche Gerichtsbarkeit aufhob, Schwurgerichte und die Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens einführte, die Verantwortlichkeit der Minister anorbnete und eine neue Wahlorbnnng zum Landtag bestimmte, nach welcher die Abgeordneten nicht mehr nach Stäuben, sondern nach Wahlbezirken gewählt werben sollten. 2. Das Gesamtwohl seines Volkes in jcber Beziehung zu förbern, war das hohe Ziel, das der König bei allen seinen Maßnahmen unverrückt im Auge behielt. Seine eifrige Fürsorge und sein zur Entfaltung der Kräfte anspornender Einfluß erstreckte sich daher auch auf die Unterstützung der wirtschaftlichen Bestrebungen der einzelnen Bernfsklaffen, sowie auf die Pflege der Wissenschaften und Künste. a. Der Landwirtschaft kam das fchon erwähnte Gesetz vom Landwirtschaft. 4. Juni 1848 über Aufhebung, Fixierung und Ablösung der Grund- lasten zu gute, wodurch der Bauer aus einer unwürdigen Abhängigkeit befreit und in den Stand freier Grundbesitzer erhoben wurde. b. Der Industrie dienten die Errichtung von Gewerbekammern, Industrie, die Aufstellung von Fabrikräten und die Veranstaltung der ersten allgemeinen deutschen Industrieausstellung, die im Jahre 1854 in dem eigens zu diesem Zwecke gebauten Glaspalast in München stattfand. c. Zur Herbeiführung einer den Bedürfnissen der Zeit ent- Handel, sprechenden Entwicklung des Handels und Verkehrs erfolgte die Vermehrung der Eisenbahnlinien, die Erweiterung des Telegraphennetzes, die Einführung von Handelskammern und die Errichtung eines Handelsappellationsgerichtes in Nürnberg (1862). d. Den Wissenschaften und der fchöueu Literatur brachte Pflege der Maximilian Ii. eine ganz besondere Wertschätzung entgegen. Dieselbe ®tf'tn,d,aften-wurzelte in seiner eigenen äußerst gediegenen und vielseitigen Bildung, in der idealen Richtung seines Geistes und in dem lebhaft gefühlten Bedürfnis nach fortwährender Erweiterung feines Gedankenkreises. In Betätigung feines wiffenfchaftlichen Jnteresfes fcheute der König weder Mühe noch Opfer. Er gewährte den drei Landes-Universitäten große

6. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. III

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
Vorwort. Die freundliche Aufnahme und günstige Beurteilung, welche der erste Teil meines Lehrbuches der deutschen Geschichte in dem Kreise verehrter Fach- und Amtsgenossen gefunden hat, ermunterten mich zur Fortsetzung des Buches. Bei der Verabfassung des hier vorliegenden zweiten Teiles leiteten mich im allgemeinen die schon im Vorwort zum ersten Teil, hauptsächlich aber in meinem Vortrag über Geschichtsunterricht an Lehrerbildungsanstalten (gehalten 1894 in München auf der Generalversammlung des Vereins von Lehrern an Lehrerbildungsanstalten) angegebenen Grundsätze: der Geschichtsunterricht müsse ein Verständnis der Gegenwart anbahnen, müsse zum Bewußtsein bringen, daß alle Einrichtungen unseres Staates und die Gestaltung des wirtschaftlichen und geistigen Lebens des deutschen Volkes das Produkt historischer Entwicklung sind; bei der Auswahl des Stosses seien in erster Linie nur diejenigen Begebenheiten zu berücksichtigen, welche einen leicht nachweisbaren Einfluß auf die Folgezeit hatten, ja in ihren Spuren noch in unserer Zeit wahrgenommen werden können; die Darstellung habe so zu erfolgen, daß die Verkettung von Ursache und Wirkung, die in einem Zeitalter herrschenden Ideen, sowie die im Gang der Ereignisse wirksamen Kräfte möglichst klar zu Tage kommen; es seien daher die für die Erkenntnis des inneren Wachstums eines Volkes so wichtigen kulturgeschichtlichen Stosse mit gebührender Ausführlichkeit zu behandeln. Ich weiß recht wohl, daß die in diesen Grundsätzen ausgesprochenen Forderungen vielfach nur in unvollkommener Weise beachtet worden sind; aber wo dies der Fall ist, da scheiterten die Bemühungen um bessere Durchführung einmal an der Schwierigkeit der Sache an sich, dann aber auch an der Rücksicht aus die dem Geschichtsunterricht zugewiesene Zeit.

7. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 65

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 92. Friedrich der Große. 65 3. Mit Unwillen und Ärger entdeckte der Vater die Eigenart des Sohnes, das innere Widerstreben, mit welchem derselbe alle vorgeschriebenen Beschäftigungen verrichtete. Da scharfer Tadel und ernste Vorstellungen eine Sinnesänderung nicht bewirkten, so nahm Friedrich Wilhelm zu körperlicher Züchtiguug seine Zuflucht. Schon war der Prinz zum Jüngling herangewachsen, da mußte er noch entehrende Strafen über sich ergehen lassen. Unter solchen Umständen zerriß das Band, welches sonst Eltern und Kinder miteinander verknüpft; es schwand die Liebe aus den Herzen und eine frostige Kälte bemächtigte sich der Gemüter. — Von starker Abneigung gegen den Vater erfüllt, faßte Friedrich den Entschluß, sich dem unerträglich gewordenen Zwang durch die Flucht nach England zu König Georg Ii. (mütterlicher Oheim) zu entziehen. Der ihm befreundete Leutnant Katte wurde in das Vorhaben eingeweiht. Auf einer mit dem König 1730 nach Süddeutschland unternommenen Reise sollte der Plan zur Ausführung gebracht werden. Der Versuch mißglückte. Der König ließ, außer sich vor Wut, den Flüchtling verhaften und anf die Festung Küftrin bringen. Hier sollte die Strenge der Kriegsartikel gegen den Deserteur zur An-weuduug kommen. Das Kriegsgericht aber weigerte sich standhaft, das Todesurteil ansznfprechen, indem es erklärte, daß es hierzu in diesem Falle nicht zuständig sei. Endlich wurde Friedrich zu strenger Haft, Katte jedoch zum Tode verurteilt. Erst nachdem Friedrich untrügliche Beweise seiner Unterwürfigkeit gegen den väterlichen Willen gegeben hatte, wurde er aus der Haft entlasten und der Domänenkammer zu Küstrin zugewiesen, um die Einzelheiten der Verwaltung kennen zu lernen. Das in seiner jetzigen Stellung verbrachte Jahr war für ihn von den segensreichsten Folgen: er eignete sich unter kundiger Führung einen wertvollen Schatz volkswirtschaftlicher Kenntnisse an, die ihn später befähigten, energisch für die Hebung von Landwirtschaft, Industrie und Handel einzutreten. 4. 1733 vermählte er sich gegen seine Neigung, nur dem Wunsch und Willen seines Vaters folgend, mit der gemütvollen, aber ihm an Geist nicht ebenbürtigen Prinzessin Elisabeth von Brann-schweig-Bevern und nun durfte er das Schloß Rheinsberg in Brandenburg beziehen und seine eigene Hofhaltung führen. Die glücklichste Zeit seines Lebens begann. Er umgab sich mit einem Kreise gleichgesinnter Männer: von Künstlern, Dichtern und Gelehrten, pflog anregenden Umgang mit denselben und beschäftigte sich mit ernsten Studien, welche sich auf Geschichte, Philosophie, französische Literatur, auf die Kriegswisfenschaften und die Regierungskunst erstreckten. Ferner benützte er die Rheinsberger Zeit zur gewissenhaften Vorbereitung auf seinen königlichen Beruf. In welchem Sinn er diese betrieb, erkennt man aus einigen Schriften („Anti- Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschickte. Ii. 5 Entfremdung zwischen Vater und Sohn. Rheinsberger Zeit. Vorbereitung auf den königlichen Beruf.

8. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 102

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
102 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. Beginn des Aufschwungs der deutschen Literatur. Klopstock 1724—1803. und Unterricht fanden. Später suchte Basedow (f 1790) die Ideen des Franzosen Rousseau zu verwirklichen, indem er in seinem 1774 zu Dessau gegründeten Philanthropin (von philos, lieb, Freund, und antliropos, Mensch) eine auf Selbständigkeit, lebendige Anschauung der Sinnenwelt und körperliche Ausbildung hinarbeitende Erziehung ins Auge faßte. Der berühmte Schweizer Pädagog Heinrich Pestalozzi (f 1827) brachte den das Prinzip der allgemeinen Volksschule einschließenden Grundsatz zur Geltung, daß sich der Unterricht nicht bloß an einzelne Klassen von Menschen zu wenden habe, itm diesen die Kenntnisse und Fertigkeiten zu einer bestimmten Art des Fortkommens zu bieten, sondern daß er die Entwicklung echter Menschlichkeit in jeder Kindesseele anstreben müsse. 4. Einen geradezu glänzenden Ausschwung zeigt uns das .18. Jahrhundert auf dem Gebiet der schönen Literatur. Er hängt in seinen Anfängen und in seinem Verlauf mit dem Streben zusammen, den deutschen Geist von den Fesseln zu befreien, in welche ausländisches, insbesondere französisches Wesen ihn geschlagen hatte. Die Muttersprache war in der ersten Hälfte des Säkulnms noch dnrch eine Fülle von fremden Ausdrücken und Wendungen verunstaltet. Gegen das fremdartige Element erhob sich Gottsched in Leipzig (t 1767). Er suchte die Sprache zu ihrer ursprünglichen Reinheit zurückzuführen und war gleichzeitig bemüht, dem deutschen Schrifttum mehr Gehalt und Ansehen zu verschaffen. Er war aber kein geborener Dichter, es fehlte ihm der sprudelnde Cueü und daher beschränkte er sich auf bloße Nachahmung und Übertragung der verstandesmäßigen französischen Klassiker. Ihm gegenüber traten die Schweizer Professoren und Dichter Bodmer und Breitinger auf, verwarfen in heftigen Streitschriften die Mustergültigkeit der Franzosen und bezeichneten, dabei auf die stammesverwandten Engländer verweisend, Phantasie, Empfindung und Begeisterung als die Grundlage echten dichterischen Schaffens. Ihre Gedanken fanden die begeisterte Zustimmung eines Leipziger Dichterkreises, zu dem auch der mit deutscher Gemütstiefe ausgerüstete Gellert (f 1769) gehörte, der durch seine tiefempfundenen Kirchenlieder (z. B. „die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", „Wie groß ist des Allmächtigen Güte") und schlichten Fabeln sich viel Verehrung und Liebe erwarb. 5. Aus dem Leipziger Kreise ging Klopslock (geboren 1724 zu Quedlinburg, gestorben zu Hamburg 1803), der erste große deutsche Dichter, hervor. Was die Schweizer forderten, kam in seinen Dichtungen zum Ausdruck: Tiefe der Empfindung, Erhabenheit des Stoffes und gewaltiger Schwung der Sprache. Sein religiöses Epos „Messias", das Tausenden ein Erbauungsbuch wurde, und seine Oden, in welchen er Gott, die stille Größe der Natur, das Vaterland und die

9. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 105

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 103. Deutsches Geistesleben im 18. Jahrhundert. 105 (1773) und der Roman „die Leiden des jungen Werther" (1774). Es waren Produkte der „Sturm- und Drangperiode", d. i. jener etwa die Jahre 1770—1785 umfassenden Zeit, in welcher die jungen Dichter, von einer eigenartigen Gärung ergriffen und hingerissen, die Regeln und Gesetze der Überlieferung abstreiften, als „Kraftgenies" die engen Schranken der Sitte und Gesellschaft durchbrachen und das Recht der freien, uneingeschränkten Entfaltung der Persönlichkeit forderten. Ein wichtiger Abschnitt im Leben Goethes begann 1775. Der eben mündig gewordene Herzog Karl August von Sachsen-Weimar berief den Dichter, den er in Frankfurt keimen und schätzen gelernt hatte, nach Weimar. Er fand Aufnahme in den geistreichen Kreis, zu welchem die kunstsinnige Herzogin-Mutter Amalie, das Fürstenpaar, Wieland (Erzieher des Herzogs), seit 1776 Herder und seit 1799 Schiller gehörten. Goethe wurde Freund und vertrautester Ratgeber des Herzogs, vou diesem mit Ehren überhäuft und nach und nach mit den höchsten Staatsämtern bekleidet. Zwar nahmen Bernfsgeschäste, Hoffestlichkeiten und theatralische Aufführungen des Dichters Tätigkeit in Anspruch; er fand aber doch Zeit zu kleineren dichterischen Produktionen und zur Vorbereitung von Werken des tiefsten Gehaltes. 1786 trat er eine zweijährige Reise durch Italien an. Das Zauberland des Südens übte auf Geist, Gemüt und die Kunstanschauungen des Dichters einen so tiefgehenden Einfluß aus, daß er selbst seinen dortigen Aufenthalt die Zeit seiner geistigen Wiedergeburt nennt. Er gewann hier ein Verständnis der griechischen Kunst; infolgedessen wandte er sich ab von den formlosen Produkten der Sturm- und Drangperiode und erblickte das wahre Prinzip der Kunst „in der klassischen Idealität, welche den edelsten Gehalt in die vollendetste Form zu kleiden suchte". Es erschienen nun rasch nach einander einige seiner reifsten Werke: Iphigenie in Tauris, Egmont, Torquato Taf so. 1794 erfolgte Goethes Annäherung an Schiller. Obwohl sich die beiden Dichter durch ihre Betrachtungsweise unterschieden (Goethe Realist, Schiller Idealist), so umschlang sie doch bald ein Band ausrichtiger Freundschaft, das nur durch den Tod gelöst werden konnte. Neues Leben grünte und blühte in Goethes Seele empor. Eine Frucht desselben war das epische Meisterwerk: „Hermann und Dorothea" (1797), worin in Anlehnung an einen welthistorischen Vorgang (Französische Revolution) ein anziehendes Bild des biederen deutschen Familienlebens gezeichnet wird. — Der Tod Schillers (1805) übte eine erschütternde Wirkung aus den Freund. Nur langsam erhob er sich vom Schmerz. In den folgenden 27 Jahren seines Lebens aber entsaftete er noch eine überaus reiche dichterische Tätigkeit. Es er- b. Zweite Dichterperiode 1775-1794. c. Goethe im Verkehr mit Schiller 1794—1805. ct. Goethes Alter 1805—1832.

10. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 154

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
154 Ix. Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß. dieser Wendung bildeten die Verwicklungen, in welche der Gewaltige mit Alexander I. von Rußland geriet, dem einzigen Monarchen des Festlandes, der dem Despoten gegenüber seinen Willen nicht beugte. 2. Verschiedene Faktoren führten das Zerwürfnis herbei. Alexander blieb nicht verborgen, welch schlimme Wirkungen die Kontinentalsperre auf den russischen Handel und den Wohlstand seines Volkes ausübte. Er nahm es daher mit der Durchführung dieser Maßregel nicht genau, obwohl er im Jahre 1807 aus Napoleons Verlangen dem Sperrsystem beigetreten war. Als nun gar Napoleon 1810 das Ansinnen stellte, Rußland solle nicht bloß die englischen, sondern auch die neutralen (amerikanischen) Schisse mit Beschlag belegen, also auf die Einfuhr aller Kolonialwaren verzichten, da trat der Zar solcher Zumutung mit Entschiedenheit entgegen, und das sah Napoleon als Beleidigung an. Anderseits hatte Alexander genug Ursache zur Verstimmung und zum Mißtrauen. Einmal empfand er die Entthronung des Herzogs von Oldenburg, eines nahen Verwandten, als schwere persönliche Verletzung; dann betrachtete er die Annektierung der deutschen N o r d k n st e bis zur Trave als ein für den Frieden und die Selbständigkeit der Staaten bedrohliches Anwachsen der französischen Macht und eudlich beunruhigte ihn, daß Napoleon durch Vergrößerung des Herzogtums Warschau in den Polen die Hoffnung auf Wiederherstellung eines nationalen Staates nährte. Angesichts aller Vorkommnisse der letzten Jahre und ihrer Deutung war eine Lockerung der einst srenndschastlichen Beziehungen zwischen Napoleon und Alexander ganz selbstverständlich. Es entstand eine Entfremdung; sie entwickelte sich zur Spannung und diese drängte seit 1811 allmählich zum offenen Ausbruch der Feindseligkeiten hin. Im Frühjahr 1812 war der Krieg unvermeidlich. Die oben angegebenen Differenzen waren jedoch nur der Anlass zum Streit. Die eigentliche Ursache lag in dem System der Eroberungen Napoleons, der in seiner unersättlichen Ländergier und seiner grenzenlosen Herrschsucht das noch ungebeugte Rußland niederwerfen und das Land als Grundlage zur Bekämpfung der Engländer in Indien benutzen wollte. H. Schon 1810 begann Napoleon die Rüstungen zu dem großen Kriege. Er betrieb sie mit regstem Eifer und häufte namentlich in Warschau bedeutende Waffenvorräte an. 1811 erging an die Rheinbund st aaten der Befehl, sich marschbereit zu halten. Bald daraus knüpfte der Gewaltige Unterhandlungen mit Preußen und Österreich an. Von beiden forderte er, ihm Heeresfolge zu leisten. Die preußischen Patrioten: Scharnhorst, Blücher, Gneisenau u. a. dagegen rieten zum Anschluß an Rußland. Indem sie das Joch der Knechtschaft für unerträglich hielten und sich immer heißer nach Befreiung sehnten, waren sie bereit, in einen Verzweiflungskampf eiuzu-
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